Traunsee 13. Juni 2014

 

Als im Büro zu Beginn des Jahres eine Einladung zu einer Tagung am Traunsee kam, war mir sofort klar, dass diese von mir wahrgenommen werden musste, fehlte mir der Traunsee ja noch auf meiner Liste. Die Traunseerunde stellte für mich bisher aus dreierlei Gründen eine ziemliche Herausforderung dar: erstens weit, zweitens viele Höhenmeter und vor allem drittens ist ein Teil des Ufers bei der Spitzelsteinalm nicht zugänglich.

 

Nun gut, es gibt ja den Bergmarathon um den Traunsee. Diese Veranstaltung hat sich zum Ziel gesetzt, alle Gipfel rund um den Traunsee an einem Tag zu besteigen. Dabei sind rd. 70 km und 4.500 hm zurückzulegen. Dass dieser Bewerb nichts für mich ist, war mir schon klar, man sollte auch seine Grenzen kennen. Aber offensichtlich kommt man irgendwie um den See. Und ich brauchte nicht auf alle Berge, sondern nur möglichst einfach um den See, die Traunseemarathon-Warmduschervariante also.

 

Die Planung wäre also, genauso wie bei der Veranstaltung in Gmunden zu starten, Grünberg und Traunstein ufernah zu umlaufen, dann weiter auf der Originalstrecke nach Karbach und über die Spitzelsteinalm nach Ebensee. Dann würde ich wieder Feuerkogel, Hochsteinalm, Grasberg und Gmundnerberg auslassen und an Stelle dessen, am Radweg zurück nach Gmunden laufen. Nach Karbach würde ich zwar unmarkiert, aber immerhin auf Forststraßen kommen. Der Weg auf die Spitzelsteinalm war allerdings ein alpiner Steig, auf Karten nur sehr vage eingezeichnet, würde nicht markiert und sausteil sein. Davor hatte ich wirklich Respekt.

 

Blöderweise war das Tagungshotel in Traunkirchen. Jetzt müsste ich entweder 28 km laufen, bis ich nach Karbach kommen würde, was keine idealen Voraussetzungen für den Aufstieg auf die Spitzelsteinalm wären, oder in die Gegenrichtung aufbrechen, dann wäre ich zwar früher bei der heiklen Stelle, müsste diese aber bergab zurücklegen und das könnte sich als noch schwieriger herausstellen. Es wird schon einen Grund haben, warum beim Bergmarathon in diese Richtung gelaufen wird.

 

Die Aussagen von Freunden aus dem Laufforum brachten mich diesbezüglich auch nicht viel weiter, weil „schwierig aber schon machbar“ aus dem Munde von Leuten, die den Bergmarathon gelaufen sind, könnte für mich „gefährlich bis unmöglich“ bedeuten. Irgendwann entschied ich mich dann, bei der richtigen Laufrichtung zu bleiben, aber mit dem Auto bis zum letzten Parkplatz am Ostufer zu fahren und von dort zu starten. Dies hatte darüber hinaus noch den Vorteil, dass ich nach ca. der Hälfte der Wegstrecke am Hotel vorbei kommen würde und mir somit eine Versorgungsstation einrichten konnte.

 

Trotz gegenteiliger Wetterprognose herrschte zur Tagung recht schönes Wetter. Ich bezog mein Hotel, hatte vom Balkon aus freie Sicht auf die Spitzelsteinalm und suchte immer wieder nach jener Stelle, wo angeblich ein Weg sein sollte. Dass der Traunstein dabei noch viel unbezwingbarer aussah, brauchte mich zum Glück jetzt nicht zu interessieren. Im Hotel fand ich ein Schachterl mit allerhand Toilettenartikel vor. Dieses war mit dem Werbeslogan „Urlaub für Seensüchtige“ beschriftete. Das sollte eigentlich ein gutes Omen sein.

 

Nach Ende der Tagung und der Abendveranstaltung gab es dann doch ein paar Regentropfen, was mich für den nächsten Tag nicht wirklich ruhiger stimmte. Die Nacht verlief relativ schlaflos, was sicher nicht an meiner Nervosität lag, sondern an der Turmuhr, die alle Viertelstunden schlug. Aber immerhin hörte ich keine Regentropfen. Als ich in der Früh aus dem Fenster sah, erkannte ich, dass Sprühregen relativ lautlos ist. Die Berge am Ostufer des Traunsees waren in der Wolkendecke verschwunden. Super Voraussetzungen also.

 

Ich ging einmal frühstücken. Danach hatte der Regen aufgehört, es kam sogar ein bisschen die Sonne raus und ich beschloss, es zu versuchen. Als ich das Hotel verließ, gingen die Kollegen gerade zum Frühstück.

 

Ich fuhr nun nach Gmunden und am Ostufer des Traunsees zurück bis zum Ende der Taunseestraße. Um acht Uhr morgens an einem Werktag waren noch viele Parkplätze frei. Da ich genügend Wasser und für alpine Notfälle ein bisschen mehr Gepäck brauchte, hatte ich diesmal einen Trinkrucksack dabei.

 

Am Ende des Parkplatzes begann die Forststraße Karbach. Ich nahm jedoch einen Fußweg, der zuerst an den letzten Häusern an dieser Seeseite vorbei und dann über Stock und Stein und manchmal fast durchs Wasser am See weiterführte. Ich begann zu fotografieren und da ich mir keinen Stress antun wollte, stoppte ich diesmal für die Fotopausen auch nicht die Zeitmessung.

 

Am Ende dieses Weges traf ich auf das Portal des ersten Tunnels der Forststraße. Bei der Vorbereitung zum Lauf hatte ich gesehen, dass hier ein Wanderweg am See weiter entlang führt. Dass dieser Weg „Miesweg“ hieß, sollte hoffentlich nicht der Wegbeschaffenheit geschuldet sein. Mir war zwar klar, dass ich dadurch länger brauchen würde, da der erste Teil aber ohnedies mehr Wandertag als Lauf sein würde, entschloss ich mich für die seenahe Variante.

 

Der Miesweg führte kaum sichtbar neben dem Tunnelportal steil bergauf. Die folgenden Auf- und Abstiege waren alle mit Drahtseilen gut gesichert. Manchmal passierte ich eine Felswand die direkt in das Wasser abfiel über am Fels montierte Holzbretter. Ich war richtig happy, auf diese Art so schöne Ausblicke auf den See vorzufinden. Wenn ich diesen Teil gut hinter mich bringen würde, dann würde mich die Spitzelsteinalm auch nicht mehr schrecken.

 

Relativ rasch gelangte ich über einen steilen Anstieg wieder auf die Forststraße. Diese führte jetzt immer leicht bergauf den Lainaubach entlang vom See weg. Jetzt konnte ich endlich wieder etwas laufen. Wenn es steiler wurde legte ich aber ein paar Gehschritte ein, um nur ja noch frisch zum Aufstieg zur Spitzelsteinalm zu kommen. Irgendwann merkte ich, dass ich vergessen hatte, mir die heiklen Stellen mit Vaseline einzucremen. Ich hatte ein kleines Döschen mit, das ich jedoch blöderweise fallen lies und nun munter die Forststraße hinunterrollte. Zum Glück konnte ich es gleich wieder einfangen. Kurz kam ich mir wie beim Käserennen in Cooper’s Hill in Glucestershir, England, vor, bei dem die Teilnehmer einem Käselaib, der einem Abhang hinuntergrollt wird, nachjagen müssen, was selten ohne Verletzungen abgeht.

 

Das Wetter hielt weiter aus, es war aber ziemlich schwül. Je höher ich kam, desto kühler wurde es, zum Schluss konnte ich schon meinen kondensierenden Atem sehen. Nach rund 2 km musste ich die Abzweigung der Forststraße nach Karbach finden. Obwohl es keine Wegmarkierungen gab, waren aber zumindest an der Kreuzung Orientierungstafeln aufgestellt und ich war froh, dass die Gefahr mich hier im Wald zu verirren relativ gering sein würde.

 

Überrascht war ich, dass Karbach jetzt noch immer mit einer Gehzeit von zwei Stunden angeschrieben war, obwohl ich ja schon einige Zeit unterwegs war und insgesamt nur mit einer Wegzeit von einer Stunde bis Karbach gerechnet hatte. Eine weitere Tafel warnte vor Lebensgefahr durch Betreten des Bergbaugebiets. Anders als am Vilsalpsee sollte der Weg hier aber schon sicher sein, lediglich den Kalksteinbruch am Traunsee, der hier auf der Forststraße umlaufen wird, sollte ich meiden.

 

Ein bisschen musste ich noch bergauf, dann hatte ich den höchsten Punkt am Übergang nach Karbach erreicht. Ein paarmal boten sich wieder schöne Ausblicke auf den See, der jetzt schon weit weg und weit unten lag. Nun schlängelte sich die Forststraße immer leicht bergab durch den Wald. Einmal schnitt ich eine Serpentine ab, hatte aber nicht den Eindruck, dadurch viel schneller zu sein und ließ das bleiben.

 

Wieder führte die Forststraße durch zwei Tunnel, diesmal musste ich auch durch. Sie waren aber sehr kurz, sodass ich immer Licht am Ende des Tunnels sehen konnte. Bei einer Brücke war erneut eine Warntafel vor den Sprengarbeiten des Steinbruchs. Keine Ahnung, wie ich mich vor den Gefahren schützen hätte sollen, ein halb abgefallenes Verkehrsschild für Gewichtsbeschränkungen lies die Warnung jedoch glaubwürdig erscheinen.

 

Nach insgesamt eineinhalb Stunden war ich in Karbach. Die dortige Jausenstation hatte noch geschlossen. Notfalls hätte ich von hier auch mit dem Schiff zurück nach Traunkirchen kommen können, da das Wetter aber freundlicherweise noch immer aushielt lief ich gleich weiter. Aber wohin? Weg sah ich keinen mehr. Schließlich fand ich einen Wegweiser „Bergmarathon“, der hinter einen Gerümpelhaufen führte. Das sollte also der Weg sein?

 

So wie zuvor am Miesweg ging es jetzt an der Bergflanke entlang, nur ohne Weg eben. An schnelles Vorwärtskommen war nicht mehr zu denken. Jeden Schritt musste ich mit Bedacht setzen und mich manchmal mit den Händen am Hang sichern. An den schwierigsten Stellen hingen dazu zumindest Seile. Einmal knöchelte ich auf einem Stein um und konnte mich mit nur durch einen Ausfallsschritt abfangen. Wenn ich da schneller gewesen wäre, hätte ich schon wieder zurück robben können. Keine Ahnung, wie man da beim Bergmarathon tut, bei meinem Tempo hätte ich alle aufgehalten.

 

Nach gut einem Kilometer begann nun der Daxnersteig, die Direttissima auf die Spitzelsteinalm. Nachdem ich von allen möglichen alpinen Vorsichtsmaßnahmen nur die missachtete, alleine unterwegs zu sein, gab ich nun zumindest per SMS an Conny meine Position durch. Teilweise ging es nun so steil bergauf, dass ich auf allen vieren unterwegs war. Einmal stieß ich so von unten mit dem Kopf auf einen am Boden liegenden Baumstamm ...

 

Als sehr vorteilhaft stellte sich heraus, dass es immer wieder mit Plastikbändchen Markierungen für den Aufstieg gab. Ob diese noch vom letzten Bergmarathon, oder schon für den nächsten, der in ca. drei Wochen stattfinden würde, angebracht waren, konnte ich nicht sagen. Vermutlich beides. Da der Weg naturgemäß nur wenig begangen war, wären die Spuren sonst nicht immer zu finden gewesen. Ich hatte mir auch die Strecke als Track aufs Handy geladen, es ist aber eher fraglich, ob dies so genau funktioniert hätte um die paar Meter Unterschied zwischen dem möglichen Aufstieg und einer Sackgasse in einer Felswand zu eruieren.

 

Als es etwas flacher wurde und ich wieder aufrecht gehen konnte, versuchte ich dennoch mit Handy und Höhenmessung der Uhr festzustellen, ob ich denn bald oben wäre, musste aber feststellen, dass es noch lange steil weitergehen sollte. So setzte ich meinen Weg konzentriert fort. Die Abgeschiedenheit trug dazu bei, dass ich mich wie auf einer Erstbesteigung fühlte. Erstbesteigung und Markierungen ist natürlich ein gewisser Widerspruch, für mich war es aber eine Erstbesteigung.

 

Immer wieder boten sich jetzt schöne Ausblicke auf den See in Vogelperspektive und ich machte weiter Fotos. Einmal versuchte ich auch eine Selbstauslöseraufnahme, was etwas dauerte. Dabei wurde ich von einem Wanderer oder Läufer eingeholt, jedenfalls hatte er eine ähnliche Ausrüstung. Wir tauschten ein paar Worte aus, mein Vorhaben, nach Gmunden zurück zu kommen, ohne die Bahn zu benutzen wurde nicht weiter kommentiert. Jetzt hätte ich das Manko der Solotour beheben und mich dem offensichtlich erfahreneren Bergsteiger anschließen können. Aber irgendwie war ich dazu jetzt nicht mehr bereit und wollte das alleine schaffen. Ein paar Mal sah ich ihn noch vor mir, dann war er weg.

 

Als es nun wirklich schön langsam aus sein musste, führte der Weg nochmal zu einer ausgesetzten Stelle und entlang eines Grats die letzten Höhenmeter hinauf. Oben ging es einmal durch dichtes Unterholz weiter, ehe ich durch ein Gatter kam, auf der Almwiese stand und wieder eine richtige Wanderwegmarkierung vorfand. Geschafft!

 

Hier grasten ein paar schottische Hochlandrinder. In regelmäßigen Abständen hörte ich im Weiterlaufen ein aufbrausendes Säuseln. Ich dachte mir schon, dass das meinem Zustand der Entrückung zuzuschreiben wäre, bis ich merkte, dass jedes Mal, wenn ich mich einer Kuhflade näherte, hunderte große schwarze Fliegen, die diese vollständig bedeckten, gleichzeitig abhoben und dadurch dieses kollektive Summen verursachten.

 

Nun hielt ich nach dem auf OpenStreetMap eingezeichneten Brunnen Ausschau, der für meine Wasserversorgung fix eingeplant war und fand ihn bei einer nahen unbewirtschafteten Almhütte. Leider tropfte der Brunnen nur sehr spärlich, so hing ich die Trinkblase des Rucksacks an das Wasserrohr. Das hatte nun ein bisschen die Szenerie einer Infusionsflasche. Ich nutzte die Pause, jausnete ein paar Powerriegel und setzte wieder eine Vollzugsmeldung per SMS ab. Die Blase füllte sich recht schnell, nur merkte ich, dass ich auf diese Weise auch ein paar Vogelschmatzer am Rohr miteingefangen hatte. Also reinigte ich die Trinkblase und wiederholte die Prozedur. Das Ganze hätte ich mir auch sparen können, denn am Ende der Alm gab es eine zweite Quelle die richtig sprudelte.

 

Nun machte ich mich am Wanderweg auf den Abstieg nach Ebensee. Teilweise kam ich hier durch einen sehr dichten Wald und es wurde fast finster. Der Weg war zwar auch steil, aber kein Vergleich zum Daxnersteig. Da es offensichtlich hier doch ein paar Regenspritzer gegeben hatte, war alles auch noch sehr schmierig. Trotz großer Vorsicht rutschte ich zweimal aus und landete am Hosenboden. Ich war nun froh, den Daxnersteig doch bergauf gegangen zu sein, denn dort wären Stürze vermutlich nicht so glimpflich abgelaufen.

 

Kurz vor Ebensee kam ich bei einer überhängenden Felswand vorbei, die ein paar kleine Höhlen bildete. Dann hatte mich die Zivilisation wieder. Nun konnte ich endlich zu laufen beginnen. Das ging anfangs nach der ganzen Kletterei etwas hölzern, aber bald hatte ich mich wieder erfangen. Da ich mich bisher durch das vorsichtige Gehen viel weniger angestrengt hatte, als wenn ich die 15 km flott gelaufen wäre, war ich trotz der vielen Höhenmeter noch recht frisch.

 

Im Ort überholte ich wieder den Bergsteiger vom Daxnersteig und wir grüßten uns noch einmal. Dann überquerte ich die Traun und traf auf den Radweg, dem ich nun weiter folgen wollte. Die Straße war hier an vielen Stellen mit Tunnels in den Berg verlegt, der Radweg folgte der alten Straße und war daher recht ruhig und schön zu belaufen. Über den See hatte ich einen schönen Blick auf die Berglandschaft auf der anderen Seite, die ich soeben bezwungen hatte.

 

Bald kam Traunkirchen in Sicht. Die ganze Ausrüstung, die schwereren Trailschuhe und das tropfnasse Gewand gingen mir jetzt schon auf die Nerven und ich war froh, bald eine Pause einlegen zu können. In meinem Zustand versuchte ich möglichst unbemerkt ins Hotelzimmer zu gelangen. Ich plünderte meine Flüssigkeits- und Nahrungsdepots und nahm mir die Racer-Laufschuhe und, da es nun richtig sonnig geworden war, kurzes Laufgewand. Da ich nicht gut völlig durchschwitzt frisches Gewand anziehen konnte, duschte ich auch zwischendurch. Traunseemarathon-Warmduschervariante eben.

 

Statt der geschätzten drei Stunden war ich bisher viereinhalb Stunden unterwegs, was sicher nur den vielen Fotopausen zuzuschreiben war. Für die letzten 18 km hatte ich aber immer noch den ganzen Nachmittag Zeit. Trotzdem wollte ich das nun möglichst rasch hinter mich bringen. Gut gelaunt lief ich nach einer dreiviertel Stunde weiter, nicht ohne darauf zu achten, den Autoschlüssel wieder mitzunehmen. Am Parkplatz ohne Schlüssel anzukommen wäre wohl ziemlich blöd gewesen.

 

Nach eineinhalb Kilometern traf ich wieder auf die Hauptstraße. Am Radweg konnte ich zwar sicher laufen, trotzdem brauste jetzt im vollen Tempo der starke Verkehr vorbei, was ziemlich unangenehm war. Nach der Abgeschiedenheit vom Vormittag war das ein starker Kontrast, aber ich betrachtete dies einfach als weitere mentale Herausforderung. Trotzdem fand ich immer wieder nette Motive und beschloss weiter zu fotografieren. Sind meine Berichte sonst immer sehr textlastig, sollten sie halt diesmal auch bildlastig sein.

 

Ab Altmünster konnte ich Großteils auf Nebenstraßen laufen. Ich passierte eine Geschwindigkeitsanzeigetafel und löste sie immerhin noch mit 11 km/h aus. Nach einer Stunde kam ich nach Gmunden. Nach dem Almsee-Ausflug mit Paula im April gingen wir hier auch spazieren. Damals froren wir aber so, dass wir Schloss Orth ausließen. Jetzt baute ich noch einen Umweg durch den Toskanapark ein, um ein weiteres Fotomotiv zu bekommen.

 

Dann suchte ich den eingezeichneten Brunnen, um einmal Wasser nachzutanken. Leider war dieser außer Betrieb, ich fand jedoch Ersatz in einer nahen WC-Anlage. Vermutlich hätte ich auf dem zweiten Teil der Runde garkeinen Trinkgurt gebraucht, da es genügend Versorgungsstellen gegeben hätte.

 

Auf der Esplanade herrschte beinahe südländisches Treiben. Unter einem Zeltdach legte ein DJ fetzige Musik auf und verbreitete so Stimmung wie bei einer Laufveranstaltung. Ich lief weiter ganz locker dahin und war richtig gut aufgelegt. Nach Passieren des Rathausplatzes überquerte ich wieder die Traun. Die Traunbrücke ist auch die Schlüsselstelle beim Projekt der Verlängerung der Gmundner Straßenbahn zum Seebahnhof. Österreich hat nicht nur mit Wien einen der größten sondern mit Gmunden auch den kleinsten elektrischen Straßenbahnbetrieb der Welt, der ganzjährig betrieben wird. Ob die Straßenbahn nach der Verlängerung immer noch die kürzeste der Welt ist kann ich jetzt aber nicht sagen. 1989 stand die Straßenbahn schon kurz vor der Einstellung, ehe sich ein Verein zur Weiterführung des Betriebs gründete. Auch Thomas Bernhard verfasste damals einen Leserbrief in der Salzkammergut-Zeitung, in dem er sich für den Erhalt aussprach. Es sollte das letzte Schriftstück Thomas Bernhards vor seinem Tod werden. Aber ich schweife ab.

 

Auf der Traunsteinstraße lief ich nun wieder aus Gmunden hinaus. Irgendwie war die Runde für mich damit gedanklich beendet. Ich war dieses Stück ja schon am Morgen mit dem Auto gefahren, wusste also dass ich noch gut 5 km zurücklegen musste, trotzdem hoffte ich nach jeder Kurve den Parkplatz zu sehen und wurde wieder enttäuscht. Es wurde immer mühsamer. Ich kam an einer merkwürdig kahlen Stelle vorbei. Hier kreuzte ich den Gschliefgraben, wo es 2007 große Hangrutschungen gab. Wenn eine Gegend aber schon Gschliefgraben heißt, dürfte es einen eigentlich nicht wundern, wenn es zu rutschen beginnt. Zeitweise wurde damals ein Betretungsverbot ausgesprochen und ich dachte mir schon, dass ein Umrunden des Sees dadurch schwierig werden könnte. Nun weiß ich, dass nicht der Gschliefgraben sondern die Spitzelsteinalm die Problemzone der Seenrunde darstellen sollte.

 

Irgendwann war die Straße dann doch zu Ende und ich erreichte den Parkplatz. Zum Glück hatte ich meinen Autoschlüssel nicht verloren. Ich hatte ihn zwar nach der Pause wieder eingesteckt, aber die Tasche nicht mehr verschlossen. Die ganze Strecke zurückzulaufen, um den Schlüssel zu suchen, dazu hatte ich jetzt wirklich keine Lust mehr. Angenehmer Weise hatte ich mir am Morgen auch Badesachen ins Auto gelegt. Jetzt konnte ich mir an der unterhalb des Parkplatzes gelegenen Anlegestelle der Wasserrettung im Traunsee Abkühlung verschaffen und die Seenrunde angemessen beschließen.

 

Insgesamt war ich fast siebeneinhalb Stunden unterwegs, wenn ich die reinen Versorgungspausen abziehe waren es immer noch fast sechseinhalb Stunden Lauf- oder besser Gehzeit für rd. 40 km. Ich hatte 1.280 hm überwunden, was für mich zwar recht ansehnlich war, verglichen mit dem richtigen Traunseemarathon aber immer noch sehr bescheiden.

 

Nach einem ausgiebigen Abendessen in Traunkirchen besichtigte ich noch die letzten Sehenswürdigkeiten im Ort wie z.B. den markanten, sich in den See schiebenden Felsen, den Johannesberg, mit der gleichnamigen Kapelle und schlagender Turmuhr. Offensichtlich hatte ich noch nicht genug Höhenmeter. Ich erfuhr so noch aus einer Inschrift, dass es früher am Traunsee auch Seeräuber gab.