Haldensee 6. Juli 2013

 

Nachdem ausführlich geklärt wurde, warum im Rahmen des Seen-Laufs Tannheimer Tal nicht mehr um zwei Seen gelaufen wird (Vilsalpsee), blieb im Rahmen dieser Veranstaltung noch die Umrundung des Haldensees. Den Haldensee hätte man auch in einem Lauf von nur etwas mehr als 4 km umlaufen können, im Wettkampf musste ich dazu aber 22,2 km laufen (nach eigenen Messungen eher 22,7 km). Selbst wenn ich den Weg von Start und Ziel zum eigentlichen Beginn der Seenrunde und die Stichstrecke zum Vilsalpsee wegzähle, blieben noch gut 19 km, eine etwas großzügig bemessene Schleife. Trotzdem werden aber so 90% des Seenufers direkt belaufen.

 

Felix wollte aufgrund seines Trainingszustandes nur am 10-km-Bewerb teilnehmen, bei dem er um gar keinen See kommen würde, was ihm aber ziemlich egal war. Mein Trainingszustand ließ eigentlich auch keinen 22-km-Lauf zu. Mein letzter längerer Lauf war im Herbst 2012 um den Wallersee gewesen. Im Frühjahr wollte ich zwar wieder für einen Marathon trainieren, dann kam mir aber eine zwar leichte, aber langwierige Verkühlung dazwischen und alle Trainingspläne wurden wieder aufgeschoben. Als Notmaßnahme lief ich eine Woche vor dem Bewerb einen Longjog, um mich zu beruhigen. Da war ich aber nach 10 km völlig leer und schleppte mich nur noch nach Hause. Die Notmaßnahme diente damit eher der Beunruhigung.

 

Haldensee

Am Vormittag gingen wir zur Startnummernausgabe, alles war sehr übersichtlich, waren doch für beide Läufe nur 330 Teilnehmer gemeldet. Im Startsackerl war u.a. ein 50%-Gutschein der Tannheimer Berg-bahnen, den wir am nächsten Tag nutzen sollten, um ein Foto des Haldensees von oben zu machen, beim Wettkampf wollte ich nicht fotografieren. Sich eben nur mal kurz von einer Seilbahngondel auf den Gipfel tragen lassen, um ein Foto von einem See machen zu können, hat natürlich schon etwas Dekadentes. Wir sahen auch ein Pärchen, das einen Kinderwagen auf den Gipfel trug. Zu dessen Ehrenrettung muss ich aber sagen, dass sie durchaus den Kinderwagen auch auf ehrliche Weise auf breiten Wanderwegen den Berg hinaufgeschoben haben und nur noch die letzten nicht fahrbaren Meter auf den Gipfel getragen haben könnten. Kürzlich wurde unter dem Titel der Kommerzialisierung der Berge auch diskutiert, wie abartig es sei, wenn der Russe Valery Rozov mit einem Gleitschirmanzug vom Mount Everest springt, aber das ist eigentlich auch nichts anderes als aus der Stratosphäre zu springen, und das wurde vielfach bejubelt. Konsequent weitergedacht müsste man eigentlich von einem Berggipfel abspringen und ohne Fallschirm in einem See landen. Aber auch das wird nicht mehr lange dauern. So war doch der Brite Gary Connery bereits als erster aus über 700 m gesprungen und nur mit seinem Wingsuit in einen Stapel Schachteln gesegelt. Aber ich schweife ab.

 

Der Lauf startete erst um 16:30 Uhr, um der möglichen Mittagshitze zu dieser Jahreszeit entkommen zu können. Das Wetter war inzwischen zwar sonnig aber nicht allzu heiß, die Höhenlage des Tallheimer Tales von über 1.000 m war schon spürbar. Ideale Laufbedingungen also.

 

Der Start war in der Nähe des Hotels, so mussten wir uns erst relativ knapp vorher einfinden. Ich verabschiedete mich von Felix, er startete 15 min später, und lief nach dem Countdown am Ende des Feldes gemütlich weg. Ich wollte die rund 100 hm hinauf zum Vilsalpsee zerstörungsfrei überstehen, hinunter würde es dann eh von selber laufen und dann, hoffte ich, würde ich noch genug Kraft für die Schleife zum Haldensee haben.

 

Rasch waren wir aus dem Ort draußen und liefen (gesichert) über Weiden. Die Kuhfladen am Weg waren zum Glück alle schon getrocknet. Um mich herum waren mehrere Gruppen tratschender Damen und ich überlegte mir, ob ich meine Renntaktik nicht doch ein bisschen zu defensiv angelegt hatte. Auf einem Wanderweg durch einen Hochwald ging es entlang der Vils weiter. Die schöne Landschaft war einfach nur zum Genießen.

 

Den letzten Kilometer hinauf zum Vilsalpsee liefen wir auf der Straße, hier kamen mir die führenden Läufer bereits wieder entgegenen. Am See spielte, wie schon beim Füssen Marathon, eine Alphornbläsergruppe, vielleicht war es sogar dieselbe, liegt Tannheim doch nur 15 km von Füssen entfernt. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass die Felswand noch nicht in den See gestürzt war, ging es wieder zurück.

 

Zuerst sah ich die ersten 10-km-Läufer, die mir schon dicht auf den Fersen waren. Am Ende der Stichstrecke konnte ich auch Felix erkennen, ich versuchte auch ihm anfeuernd zuzurufen, was jedoch vergebens war, hat er doch beim Laufen seine Ohren immer mit einem mp3-Player verstopselt.

 

Bergab lief es nun schön rund und ich konnte auch überholen. Als wir auf der anderen Seite der Straße wieder in einen Weg abbogen, kam von hinten schon das Führungsfahrrad der 10-km-Läufer und warnte vor den schnellen Läufern. Ich sah mich nun genötigt zu erklären, dass ich nur gerade zufällig überhole und keinesfalls einer der schnellen Läufer sei. Besonders beeindruckt hat mich der Zweite im 10-km-Lauf, ein erst 15-jähriger Bursche. Jedenfalls habe ich es nicht geschafft, bis zur Abzweigung des Hauptlaufes bei km 9,5 nicht von den 10-km-Läufern überholt zu werden.

 

Nun ging es schön am Hang entlang Richtung Haldensee weiter. Das Feld war nun schon weit auseinandergezogen. Es gab ein paar Steigungen, eine davon war recht steil, die es angebracht erscheinen ließ, auf Gehen umzuschalten. Aber sonst war es wunderbar zu laufen. Vom befürchteten Einbruch auf der zweiten Hälfte war nichts zu spüren. Im Gegenteil, ich fühlte mich nun richtiggehend beflügelt und wurde immer schneller und überholte Läufer um Läufer. Einige Wanderer kamen uns entgegen, manche ignorierten die Laufveranstaltung, andere feuerten begeistert an.

 

Als große Hotelbauten ins Blickfeld kamen, wusste ich, dass ich nun endlich den Haldensee erreichen würde. Die Hinterseite, also die der Straße abgewandte Seite des Sees, war wieder ein landschaftliches Highlight. Am Ostufer des Sees schwenkte der Weg aufgrund sumpfiger Wiesen ein wenig vom See weg, eher er zwischen Straße und Ufer eingezwängt weiter führte. Hier gab es auch wieder eine Versorgungsstation, bei der ich mir ein Gel in den Mund drückte und genügend Zeit nahm um ausreichend Wasser dazu zu trinken. Die Helfer waren zu Smalltalk aufgelegt: „Anstrengend, gell?“ Ich antwortete: „Ja, aber super!“, und schon lief ich weiter und schluckte den nächsten Läufer.

 

Haldensee

Im Ort Haldensee mussten wir die Bundesstraße kreuzen, Feuerwehrleute sicherten aber vorbildlich ab. Nach der Ortschaft Grän ging es auf Nebenstraßerln wieder zurück nach Tannheim. Hier konnte man über Felder weite Teile der Strecke einsehen. Ich fragte mich, wie viele der Läufer, die ich vor mir erkennen konnte, ich wohl noch überholen könnte und war dann sehr erstaunt, als ich mir im Zielsprint auch noch die holte, die ich zuvor kaum am Horizont erkennen konnte. Die Zeit war zwar nicht sonderlich berauschend und ich blieb auch nicht unter den erhofften zwei Stunden, war damit aber wie zumeist irgendwo im Mittelfeld. Jedenfalls war es für die Psyche viel angenehmer, mühelos finishen zu können, als von Beginn an Gas zu geben und sich dann irgendwie ins Ziel kämpfen zu müssen. Es war ein richtig geiler Lauf!

 

Nach einer Dusche im Hotel gingen Felix und ich wieder zur Siegerehrung. Dabei hatten wir beide Glück. In Felix Altersklasse waren nur zwei Teilnehmer, was ihm einen Pokal bescherte und ich gewann in der abschließenden, sich ewig hinziehenden Tombola einen Übernachtungsgutschein. Jetzt muss ich wohl wieder kommen.