Gutsbrauerei Aspern

Mai 2018


Nunmehr bin ich bei der 38. und letzten historischen Wiener Brauerei angelangt. Vor gut drei Jahren haben wir unsere Spurensuche mit der Simmeringer Brauerei begonnen, die in Michaels Wohnumgebung angesiedelt war. Nun wollen wir zum Abschluss den Standort der einzigen Brauerei besuchen, die in meinem Heimatbezirk lag. Erstaunlich ist, dass, obwohl die Donaustadt ein Viertel der Fläche Wiens einnimmt, in diesem Bezirk nur eine einzige Brauerei bestand und diese noch dazu einer der kleinsten war.

An der heutigen Adresse Ehrensteingasse 5 befand sich im Herzen der Ortsgemeinde Aspern früher ein Gutshof. Haupterzeugnis des Betriebs dürfte zwar Milch gewesen sein, ab 1760 ist aber in einem Nebengebäude auch eine Brauerei nachweisbar.

 

Die damaligen Besitzer sind, zumindest mir, nicht bekannt. Ab 1820 scheint dann ein Johann Oberleuthner als Eigentümer auf. Ca. 1850 übernimmt sein gleichnamiger Sohn die Brauerei. Der Betrieb dürfte zwar ein nettes Landbrauhaus gewesen sein und durchaus schmackhaftes Bier produziert haben, über die lokale Bedeutung kam er jedoch nicht hinaus. 1881 starb der Brauereibesitzer. Die Erben zeigten kein Interesse an einem Weiterbestand und so wird der Braubetrieb eingestellt, das Brauereigebäude später abgetragen.

Die Familie Oberleuthner blieb im Ort aber weiter einflussreich. Unter anderem war ein weiterer Johann Oberleuthner bis zur Eingemeindung 1904 letzter Bürgermeister von Aspern. 2002 stirbt mit Hans Oberleuthner der letzte Vertreter der Familie. Die verbliebenen Bauteile des Hofes samt noch vorhandener Resten der Brauerei werden 2010 trotz Kritik der Denkmalschützer abgerissen. Ich kann mich zwar dunkel erinnern, hier früher ziemlich verfallene Gebäude gesehen zu haben, da ich aber damals noch nicht wusste, dass es sich um einen ehemaligen Brauereistandort handelte, habe ich sie nie gebührend besichtigt. Leider gibt es auch kaum Aufnahmen des ehemaligen Gutshofs. Eine einzige habe ich in der Bilddokumentation einer Projektarbeit am Institut für Digitale Architektur und Raumplanung der TU Wien aus dem Jahr 2007 gefunden (vermutlich Ansicht der Westseite des Hofes).

Begeben wir uns nun ein letztes Mal auf Spurensuche. Wir treffen uns an der 26A-Bushaltestelle Siegesplatz. Wir gehen nach Norden in die Ehrensteingasse, bei Nr. 5 sind wir beim ehemaligen Gutshof angelangt. Auch wenn der Bau bedauerlicher Weise geschleift wurde, finde ich dennoch, dass die Architektur der neuen, heuer eröffneten Wohnhausanlage den Baustils eines Wirtschaftshofes gelungen zitiert. Auch die Farbgebung lässt mich an Bier erinnern.

Den Eingang in die Wohnhausanlage markiert eine Statue des Heiligen Florians. Sie wurde 1849, also ungefähr zur Zeit, als der letzte Brauereibesitzer das Brauhaus übernahm, anlässlich einer großen Brandkatstrophe in Aspern aufgestellt.

 

Da uns das Weitergehen nach Norden verwehrt wird, umrunden wir das Brauereigelände weitläufig, indem wir der Wimpffengasse folgen. Sie hat weitgehend ihren dörflichen Charakter erhalten. Das älteste Haus dürfte jenes auf Nr. 21 sein, es wurde nachweislich vor 1848 errichtet. Zwischen Nr. 35 und 37 nehmen wir den Durchgang zur Haberlandtgasse. Bevor wir den Rundgang fortsetzen blicken wir kurz nach rechts. In der Wohnhausanlage Haberlandtgasse 64 ist auf Stiege 3 der Firmensitz der Startupbrauerei Brew Age. Sie wurde 2014 von Johannes Kugler und Raphael Schröer mit Freunden gegründet. Zu sehen gibt es hier jedoch nichts, werden die innovativen Biere doch im Salzburger Brauhaus Gusswerk gebraut und (unter anderem) im eigenen Shop im 6. Bezirk verkauft.

Wir gehen die Haberlandtgasse nach Westen. Bei Nr. 24, dort wo sich links die Ehrensteingasse fortsetzt, sind wir wieder beim ehemaligen Gutshof angelangt. Beim Eingang an der Ecke zur Parkanlage an der Eisenhutgasse finden wir die Beschriftung Oberleuthnerhof, womit vorbildlich der Name des ehemaligen Brauereibesitzers im Straßenbild erhalten geblieben ist.

Wir gehen durch den Park und verinnerlichen uns kurz, dass ungefähr beim ovalen Bauteil Stiege 4 früher das Brauereigebäude stand. An der südwestlichen Ecke des Wohnbaus könnten wir einen Durchgang zurück zur Wimpffengasse nehmen. Auf der rechten Seite des Weges sehen wir eine Ziegelmauer, sie wird zwar nicht vom Gutshof stammen, erinnert aber trotzdem an frühere Zeiten.

Wir gehen durch den Park weiter und sehen links (Asperner Heldenplatz 16) versteckt hinter einigen Bäumen ein schon ein bisschen verfallenes Gebäude. Es ist dies die 1911 erbaute, architektonisch wertvolle Oberleuthner-Villa, also der spätere Wohnsitz der Familie und letzter erhalten gebliebener Rest des Anwesens.

Nun kommen wir schräg vis-a-vis zur Asperner Pfarrkirche. Rund um die Kirche sind einige Grabsteine des alten Pfarrfriedhofes erhalten geblieben. Der letzte Grabstein auf der rechten Seite der Kirche ist jener des letzten Asperner Bierbrauers.

Aspern ist aber nicht nur durch seine Brauerei, sondern vor allem durch die Schlacht bei Aspern weltberühmt geworden. Diese gilt als erste Schlacht, bei der Napoleon eine Niederlage zugefügt wurde. Das Gebiet der Kirche (und damit auch der damals schon bestandenen Brauerei) war bei den Gefechten am 21. und 22. Mai 1809 heiß umkämpft und wurde mehrfach erobert und rückerobert. Der Geschichte wird durch den Asperner Löwen (vor der Kirche), dem Franzosenkreuz (Ecke Oberdorfstraße/Langobardenstraße), dem Artilleristendenkmal (am östlichen Ende des Siegesplatzes), durch die Straßennamen Siegesplatz und Asperner Heldenplatz und durch die Benennung fast aller zentraler Straßen nach verdienstvollen Heerführern (Erzherzog-Karl-Straße, Ehrensteingasse, Bureschgasse, Wacquantgasse, Bienefeldgasse, Wimpffengasse, Murmanngasse, Faschinggasse, Rueberstraße, Oberdorfstraße, Benjowskigasse, Zachgasse) gedacht.

In der ehemaligen Sebastianikapelle hinter der Pfarrkirche ist heute das Museum „Aspern-Essling 1809“ untergebracht. Auf einer Schautafel finden wir auch eine Abbildung der aus strategischen Gründen von den Österreichern in Brand gesetzten Kirche. Die Brauerei ist aber leider aus dem rechten Bildrand gerutscht.

Noch eine Reihe weitere Gendenkstücke gibt es um die Kirche. So findet sich auch eine Tafel, die daran erinnert, dass der Oberbefehlshaber der französischen Armee, Marschall Jean Lannes in der Schlacht so schwer verletzt wurde, dass er, wie wir bereits wissen, wenig später im Kaiserebersdorfer Brauhaus starb.

Außerdem gibt es zur Aufarbeitung der für die Gegend prägenden Ereignisse noch eine Außenstelle des Museums im Esslinger Schüttkasten, wo sich ein riesiges, 8.546 Figuren umfassendes Diorama der Schlacht befindet. Weiters kann man auf den Spuren Napoleon, als er versuchte von Kaisebersdorf das nördliche Donauufer einzunehmen, durch die Lobau wandern. Zum 50. Jubiläum der Schlacht wurden dort an sechs historischen Plätzen Obelisken aufgestellt, die man auf einem Rundwanderweg abklappern kann.

Wir nehmen aber einen direkteren Weg und wandern entlang des Mühlwassers (hier gibt es in Erinnerung an Napoleon einen Korsenweg) und der Dechantlacke zum anderen Ende des Bieberhaufenwegs zum dortigen Lokal Roter Hiasl. Es wurde 1862 vom rothaarigen Matthias Turnowsky errichtet, erlebte also noch die Zeiten der Gutsbrauerei Aspern. Seit 2012 wird hier vom jetzigen Eigentümer Roland Reisinger in einem Hinterzimmer auch Bier gebraut, womit dieses Wirtshaus, wie ich meine, die Asperner Braukunst stilgerecht fortführt und wir damit getrost das Projekt der Spurensuche der historischen Wiener Brauereien abschließen können.


Quellen

https://brautopo.webnode.at/wien/

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/literatur-sprach-und-kulturwissenschaften/kulturwissenschaft/38746/wiener-bier-geschichte

https://aspern.at/beitrag/geschichte/geschichte.php?bei_id=24988

https://books.google.at/books?id=sY8AAAAAcAAJ&pg=PA316

https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/25715

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=18980310&seite=18&query=aspern

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=rpt&datum=19111014&seite=11&query=oberleuthner

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Aspern

https://aspern.at/beitrag/beitrag.php?bei_id=24973

http://www.initiative-denkmalschutz.at/index.php/meldungen-nach-bundesland/meldungen-wien/171-wien1220/310-stellungnahme-zum-entwurf-flaechenwidmungs-und-bebauungsplan-donaustadt

http://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_08_web.pdf#page=33

https://aspern.at/glaube/heilige/florian.php

https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/identifyGebaeude.aspx&cid=f7e774ff-2292-4058-8468-8d3df68b5050

http://p2.iemar.tuwien.ac.at/p2_07_donaustadt_hausfeld/stb_1/downloads/stb/P2_Endbericht_small_DB.pdf#page=107

https://www.falstaff.at/nd/die-zeit-des-brew-age/

https://www.hopfenhelden.de/brew-age-craft-beer-oesterreich/

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Asperner_Friedhof

https://aspern.at/beitrag/beitrag.php?bei_id=24926

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/L%C3%B6we_von_Aspern

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aspern_Franzosenkreuz_Wien_22.jpg?uselang=de

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Artilleristendenkmal

https://aspern.at/beitrag/geschichte/geschichte.php?bei_id=25015

http://www.aspern-essling-1809.eu/

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Napoleonsteine

https://aspern.at/beitrag/geschichte/geschichte.php?bei_id=25015

https://www.wien.gv.at/umwelt/wald/erholung/nationalpark/freizeit/napoleon.html

http://www.bier-guide.net/lokale/roter-hiasl

http://members.inode.at/624129/restaurant/hiasl/geschichte.htm