Brauhaus Zwölfaxing

Juli 2018

 

Eigentlich wollte ich ja mit den Beschreibungen historischer Brauereien aufhören. Aber dann erwähnte ich einem Kollegen gegenüber, dass in seiner Heimatgemeinde Zwölfaxing auch einmal eine Brauerei stand und schon wollte ich dort auch wieder nach Spuren suchen. Und da Zwölfaxing ja nur ein paar Kilometer von Schwechat entfernt ist, das ich ja brauereitechnisch schon zu Wien gezählt habe, könnte dieses Brauhaus die Sammlung also noch vervollständigen.

Bereits um 1326 befand sich im Gebiet von Zwölfaxing ein befestigter Hof, der als Vorläufer des Schlosses Zwölfaxing gilt, das um 1570 errichtet wurde. In den Nebengebäuden befanden sich eine Mühle und, an der heutigen Adresse Mühlgasse 3, um 1612 erstmals nachgewiesen, auch eine Brauerei.

 

Zu dieser Zeit war ein gewisser Veit Sieß Schlossherr, der damit auch als erster Brauherr gelten kann. 1639 wurde Johann Georg Puecher von Meggenhausen Schloss- und wohl auch Brauherr. Er brachte es immerhin schon zu einem Wikipediaeintrag.

 

Ab 1674 war das Schloss samt Brauerei in Händen der Herren von Gatterburg:

ab 1674 Maximilian Ernst von Gatterburg
ab 1698 Joseph Friedrich von Gatterburg, sein Sohn
ab 1702 Constantin Joseph Graf von Gatterburg, sein Bruder
ab 1734 Anton Paul Graf von Gatterburg, sein Sohn
ab 1777 Prokop Anton Graf von Gatterburg, sein Sohn
ab 1800 Anton Graf von Gatterburg, sein Sohn

Die Gatterburgs sind insofern interessant, da sie auch Besitzer des Vorgängerbaus von Schloss Schönbrunn waren (der Ortsteil Gatterhölzl bzw. die Gatterholzgasse in Meidling erinnern noch daran), die Herrschaft Oberdöbling (Gatterburggasse) und das Palais Gatterburg in der Dorotheergasse 12 im 1. Bezirk besaßen, sowie auch Eigentümer des Schlosses Gatterburg in Retz waren bzw. immer noch sind.

1806 brannten die Brauerei und die Mühle aus, 1810 wurden die Überreste „privatisiert“. Besitzer der Brauerei wurden Franz Anton und Theresia Köller. Braumeister war ihr Sohn Johann Köller. Sie bauten die Brauerei wieder auf und waren dabei möglicherweise sogar die ersten, die in und um Wien die aus England stammenden eisernen Sudkessel einsetzten, was damals sehr aufsehenerregend war (von dieser Neuerung haben wir auch schon beim Besuch des Grinzinger Brauhauses gehört).

Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, mussten sie schon 1821 ihr Brauhaus versteigern lassen. In der damaligen Beschreibung der Brauerei werden auch ein Bierausschank und eine Branntweinbrennerei erwähnt. Meistbietender war Anton Öferl, ein Zimmermann aus Wien, der die Brauerei aber gleich wieder an Johann und Katharina Plank weiterverkaufte. Die Planks waren wohl eher an der Mühle interessiert, waren sie doch auch Besitzer einer Mühe in Schwechat, die dortige Plankenwehrstraße erinnert heute noch daran. Die Plankenmühle wurde 1859 von Anton Dreher sen. gekauft und in die Brauerei Schwechat eingegliedert. Für uns viel interessanter ist jedoch, dass der Sohn der beiden, Heinrich Plank, 1837 die Ottakringer Brauerei gründete.

Aber auch die Planks gingen in Konkurs. Die Brauerei kam in Besitz von Michael Rustler. 1844 kaufte der uns schon bekannte Anton Mayer, Besitzer des Popperbrauhauses in Schwechat, die Brauerei und legte sie 1846 still.

 

Hofansicht Mühle Zwölfaxing Anfang 20. Jh.
Hofansicht Mühle Zwölfaxing Anfang 20. Jh. Quelle: Wikimedia Commons

Das Schloss Zwölfaxing blieb bis in das 20. Jahrhundert im Besitz der Familie Gatterburg und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Lediglich die Nebengebäude und damit die ehemalige Mühle, Brauerei und der Gasthof blieben zumindest teilweise erhalten.

Wenn man heute zur Kreuzung Mühlgasse/Himberger Straße kommt, bietet sich einem ein eher tristes Bild. Angeblich war früher im Eckhaus Mühlgasse 1 das Gemeindewirtshaus untergebracht, das wohl aus dem Bierausschank der Brauerei hervorging. Wir gehen nun in die Mühlgasse hinein. Rechter Hand ist das Areal des ehemaligen Schlosses. Auf der linken Seite sehen wir bald schön renovierte Gebäude. Sie wurde in den 90er-Jahren vom Architekt Johann Witt-Dörring erworben und Haus für Haus liebevoll saniert. Heute bewohnt seine und die Familien seiner drei Brüder das Essemble. Bei Hausnummer 3 war einst die Einfahrt in die Brauerei. Wenn wir ein Stück weiter gehen kommen wir zu einer kleinen Brücke über den „Kalten Gang“. Es lässt sich erkennen, dass im Haus Nr. 5 früher einmal eine Mühle gewesen sein musste. Geht man nach der Brücke ein Stück über den Sport- und Spielplatz dem Kalten Gang flussaufwärts, lässt sich erahnen, dass der Architekt hinter den ehemaligen Brauereimauern eine richtige Wohnoase geschaffen hat.

Auch wenn hier also noch ehemaligen Gebäude der Brauerei stehen, so lässt sich doch an nichts erkennen, dass hier früher einmal gebraut wurde. Eine Erinnerung an die frühen Brauherren gibt es zumindest mit der Gatterburggasse, ein kurzes Gässchen an der südlichen Ortseinfahrt von Zwölfaxing. Interessanter ist es aber vielleicht, wenn man ein kurzes Stück Richtung Schwechat fährt, gleich links in die Stöcklstraße biegt und dieser bis vor die Brücke über den Mitterbach folgt. Hier, vor dem Haus Nr. 24 finden wir eine Nepomukstatue mit folgender, schon etwas verwitterter Inschrift: Conctatin Joseh von Gatterburg Herr zu Zwölffäxing / Maria Theresia von Gatterburg gebohrne Freiin zu Lebenstock A 1703. Somit haben wir zumindest einen der frühen Brauherren im Straßenbild verewigt, auch wenn von Bierbrauen noch immer keine Rede ist.

Wollen wir nun auch einen Beweis des Bierbrauens finden, müssen wir weiter nach Schwechat fahren. An der Kreuzung Himberger Straße/Neukettenhofer Straße, ganz in der Nähe von Felmayer's Gastwirtschaft, die wir schon bei der Besichtigung der Gutsbrauerei Kettenhof kennen gelernt haben, finden wir eine Pestsäule mit folgender Inschrift: Dein am Ölberg geschwitztes Bluet, unss in Todesangst kam zu guet, zu einem eigenen Gedächtnis habe ich, Georg Schweninger, Braumeister von Zwölfaxing, dieses Kreuz errichten lassen.

Dieser, auch Schweninger-Kreuz genannte Bildstock stammt aus 1679, Georg Schweninger war also Braumeister unter dem ersten Gatterburger Schloss- und Brauherren Maximilian Ernst von Gatterburg. Interessant ist, dass er nicht nur seine Berufsbezeichnung, sondern auch Brauereiutensilien auf der Pestsäule verewigt hat.

Bevor wir nun den Abend passend beschließen fahren wir nach Wien zurück. Im Gasthaus Stern in der Braunhubergasse 6 in Simmering gibt es Bier, das aus der Brauerei stammt, die vom Sohn eines der letzten Besitzer der Zwölfaxinger Brauerei gegründet wurde.